Was ist Mediation?

Für die Mediation gilt wohl, dass man sie erlebt haben muss, um ihre Möglichkeiten und ihr Vorgehen wirklich zu verstehen. Im Folgenden wird trotzdem ein Beschreibungsversuch unternommen, dessen Beschränkungen angesprochen, das Phasenmodell der Mediation skizziert sowie der zu Grunde liegende Konfliktbegriff angesprochen.

Eine erste Annäherung

„Mediation ist ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben“. So steht es im Mediationsgesetz. Dieses steht allerdings ein Stück weit in der Kritik, beispielsweise zu Regel-orientiert zu sein, die Komplexität einer innerbetrieblichen Wirtschaftsmediation nicht zu berücksichtigen oder den Bürger in seiner Autonomie eher zu schwächen.

In der Mediationsliteratur finden sich verschiedene weitere Definitionen, die folgende Punkte gemeinsam haben:

  1. Die Existenz eines Konflikts zwischen (mindestens) zwei Parteien,
  2. die Zielsetzung zur eigenverantwortlichen Konfliktlösung,
  3. die Unterstützung durch eine dritte Partei, die keine Entscheidungshoheit in der Sache hat.

Die Mediation wird weitgehend als eine Erweiterung der Verhandlung betrachtet. Die Konfliktlösung soll im Konsens erfolgen. Die Konfliktparteien sind die Experten für ihren Konflikt, für die Inhalte, Interessen, Bedürfnisse und Randbedingungen. Der Mediator unterstützt die Parteien dabei, die konsensuale Konfliktlösung zu erreichen.

Zwischen der Begriffsbestimmung im Gesetz und den danach herausgearbeiteten Punkten bestehen interessante Unterschiede. Beispielsweise wird im Gesetz von einem strukturierten Verfahren gesprochen, was danach nicht wieder aufgegriffen wird. In der Tat gibt es die Mediation als in Phasen strukturiertes Verfahren. Ein Phasenmodell wird im folgenden Abschnitt dazu vorgestellt. Allerdings erscheint es für eine Mediation nicht wesensgebend zu sein, wie genau diese Strukturierung aussieht, sonst würde das aus den oben referenzierten Definitionen prominenter hervorgehen. Auch die Vertraulichkeit steht hier nicht gleichermaßen prominent im Fokus, dies wird weiter unten wieder aufgegriffen.

Das grundlegende und umfassende „Handbuch Mediation“ definiert die Mediation nicht. Dort steht „…die Mediation zeigt sich heute nicht etwa als homogene Wissenschaft, sondern als eine überaus vielfältige, aber oftmals bereits gefestigte und reflektierte Praxis.“ In der Ausgabe 03/2015 des „Mediator“ wird im Artikel „Mediationsstile: Facetten eines Ganzen?“ die Bandbreite der Mediationsansätze aufgelistet: Lösungsfokussierte Mediation, Transgressive Mediation, Transformative Mediation, Transkulturelle Mediation, Neuro-Mediation und die klassische Mediation. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Für diese Webseite sei noch die Integrierte Mediation genannt.

Wie geht man am besten mit dieser Schwierigkeit um, die Mediation fest zu greifen? Es erscheint notwendig, etwas weiter auszuholen, um die Mediation soweit „gegriffen“ zu bekommen, dass man sie mit Aikido vergleichen kann – das übrigens nicht einfacher zu fassen ist.

Das Phasenmodell

Ein Mediations-Verfahren ist in Phasen strukturiert. Es gibt unterschiedliche Modelle, hier wird das 5-Phasen-Modell skizziert .

  1. Die Einleitungs-Phase
  2. Zuerst wird ein gemeinsames Verständnis der Mediation, des Vorgehens und der Regeln angestrebt. Typischerweise erläutert der Mediator die Mediation, die Regeln werden vereinbart. Mit der Zustimmung zur abschließenden Mediationsvereinbarung besteht die Einigkeit, dass eine Mediation durchgeführt werden soll.

  3. Die Themensammlung
  4. In dieser Phase benennen die Konfliktparteien ihre Themen, die im Rahmen der Mediation besprochen werden sollen. Die Eindringtiefe ist nicht sehr tief, es wird der Raum aufgespannt , in dem man sich (zunächst) bewegen möchte. Die Parteien stellen ihre Sicht der Dinge (und damit typischerweise ihre Positionen) knapp dar.

  5. Die Interessenfindung
  6. Es geht ins Detail. Ziel ist der Wechsel von den Positionen auf die Interessen und Bedürfnisse der Parteien. Damit wird die Grundlage gelegt, auf deren Basis spätere Lösungen bewertet werden können. In dieser Phase erfolgt auch der „Switch“, bei dem aus einer konfrontativen Situation eine kooperative Lösungssuche entsteht. Dieser Wechsel stellt einen wesentlichen Aspekt der Mediation dar.

  7. Die Optionen-Phase / Lösungsfindung
  8. Die Lösungsmöglichkeiten werden möglichst erst besprochen, wenn klar ist, welche Interessen erfüllt und welche Bedürfnisse befriedigt werden müssen. Dann ist der Kreativität freier Raum gelassen. „Den Kuchen vergrößern“ ist eine der wichtigsten Techniken in dieser Phase. Das Ziel ist erreicht, wenn eine Lösung gefunden ist. Teilweise werden das Suchen nach verschiedenen Optionen und die Auswahl einer Lösung strikt getrennt.

  9. Der Abschluss
  10. Die Details der Lösung werden passend dokumentiert. Wenn alle der Abschlussvereinbarung zustimmen, ist die Mediation beendet. Die Bandbreite der Vereinbarungen kann dabei von einem Handschlag bis zu einem beglaubigten Vertrag reichen.

Der Konfliktbegriff

Um Mediation als Instrument zur Konfliktlösung zu greifen, ist es unumgänglich, den Konfliktbegriff zu diskutieren. Das soll in diesem Abschnitt in aller Kürze geschehen. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben, da es umfangreiche Forschung und Diskussion zu dem Thema gibt.

Für die Mediation werden hier im Wesentlichen zwei Ansätze betrachtet. Im Interessenkonflikt widersprechen sich die Interessen von zwei Parteien. Sie legen beide jeweils Lösungsvorschläge vor, die ihre eigenen Interessen befriedigen. So ein Vorschlag wird als Position bezeichnet. Die Lösung dieser Konflikte ist dann entweder dadurch möglich, dass sich bei genauerem Hinsehen herausstellt, dass die eigentlichen Interessen und Bedürfnisse gar nicht im Widerspruch liegen. Oder es finden konfliktlösende Veränderungsprozesse bezüglich der Interessen oder bezüglich ihrer Gewichtung statt.

Im zweiten Ansatz empört sich mindestens eine Konfliktpartei über eine empfundene Normverletzung der anderen Partei. Das entsprechende Verhalten wird als so unangemessen empfunden, dass es zur Empörung kommt. Der resultierende Streit muss dabei nicht unbedingt direkt etwas mit der Normverletzung zu tun haben, sondern manifestiert sich an einem anderen Thema. In der Konfliktlösung wird die Ursache als Interesse aufgedeckt und bearbeitet.

Zusammengefasst kann Mediation bei einem Konflikt eingesetzt werden, bei dem eine Partei sich über eine andere oder deren Verhalten ärgert und eine Veränderung des IST-Zustands fordert, da dieser als nicht gerecht oder richtig empfunden wird. Konflikte – besonders die eskalierten Konflikte, die in eine Mediation getragen werden – haben eine stark emotionale Komponente, sind eher von mittel- bis langfristiger Natur und auf eine gewisse Art und Weise „festgefahren“.

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